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Verbraucherpreise – So sehr verzerrt die Coronakrise die Inflationsrate

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Über ein Jahrzehnt versuchte die Europäische Zentralbank mit allen Mitteln, die Inflation in der Eurozone anzukurbeln und auf die Marke von zwei Prozent zu hieven. Im Jahr 2010 lag die Inflation in Deutschland sogar auf dem historischen Tiefststand von minus 0,5 Prozent.

Im Jahr 2021 kam die Wende. Nicht nur in Deutschland oder in der Eurozone, auch in Übersee wurden neue traurige Rekorde aufgestellt. Die USA vermeldeten am 10. Dezember 2021 einen Anstieg auf 6,8 Prozent, den höchsten Wert seit 1982 (1).

In Deutschland liegt der Wert kurz vor dem Jahreswechsel im November 2021 bei 5,2 Prozent (2). Auf den ersten Blick sind dies keine erfreulichen Aussichten für das neue Jahr, aber es gibt durchaus Hinweise und Anhaltspunkte, weshalb die Zahlen des Jahres 2021 keinen Anlass zu weiterer Sorge geben müssen. Führende Notenbanker rechnen mit einem deutlichen Rückgang.

Üblicherweise gibt die Inflationsrate den Preiszuwachs innerhalb von 12 Monaten an. Da die Coronakrise sowie die zu deren Abmilderung getroffenen Maßnahmen wie Mehrwertsteuersenkung (Deutschland), Stimulus-Schecks (USA) sowie die mit ihr einhergehenden ökonomischen Verwerfungen (Einbruch des Ölpreises in 2020, Nachfrageüberhang durch Stimulus-Schecks, Ausweitung des Kurzarbeitergeldes etc. bei parallelen Restriktionen in Handel und Industrie zu Verzerrungen bei der Inflation in 2021 geführt haben, ergänzen wir alle Zeitreihen um die Inflationsrate pro Jahr bezogen auf den jeweiligen Vorvorjahresmonat:

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Quellen:

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Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Hauptursache für die überdurchschnittliche Entwicklung der Inflation waren Corona und Lieferengpässe.
  • Energie und Automobile mit höchsten Preissteigerungen.
  • Experten sehen für 2022 einen deutliche Rückgang.
  • Ein Absinken unter die Zwei-Prozent-Marke gilt jedoch als unwahrscheinlich.

Ölpreis für 30 Prozent der Inflation verantwortlich

Von seinem Tiefpunkt im Höhepunkt der Coronakrise 2020 bei rund 25 US-Dollar hat sich der Ölpreis am Beispiel der Sorte Brent Crude verdreifacht und von Ende 2020 aus verdoppelt. Damit trägt er fast 30 Prozent zu den aktuellen Inflationsraten bei und auch wenn uns hohe Öl- und Energiepreise auch die nächsten Jahre erhalten bleiben werden, wird sich sein Einfluss auf die Inflation ab 2022 mindern. Denn um 2022 denselben Effekt auszulösen, müsste der Ölpreis auf 100 bis 120 US-Dollar pro Fass steigen.

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Quellen:

Corona-Bonus – auch für die Inflationsrate

Im Jahr 2020 verkündete der damalige Finanzminister Olaf Scholz (SPD) eine Absenkung der Mehrwertsteuer zum 1. Juli 2020, um den Verbrauchern einen Konsumanreiz zu geben. Die Steuersenkung sollte dem corona-gebeutelten Einzelhandel und der Gastronomie wieder einen Aufschwung bereiten.

Senkt man die Verbraucherpreise für einen bestimmten Zeitraum um einen gewissen Prozentsatz und erhöht sie später wieder, liegt das mathematische Ergebnis für eine Zeitreihe auf der Hand: Die Preise steigen im folgenden Vergleichsmonat natürlich wieder an. Im November 2020 betrug die Inflationsrate gegenüber November 2019 minus 0,3 Prozent, gegenüber dem Vormonat Oktober 2020 minus 0,8 Prozent (3).

Die Beendigung der Steuersenkung brachte zwangsläufig einen Preisanstieg mit sich. Die Inflationsrate wird nicht steuerbereinigt ermittelt.

EZB geht von sinkenden Verbraucherpreisen im Jahr 2022 aus

Der spanische Vize-Chef der Europäischen Zentralbank äußerte sich in einem Interview mit dem Fernsehsender ORF optimistisch, dass die Inflationsrate zum Jahreswechsel 2022 ihren Höhepunkt erreicht haben wird (4). Ähnliche Hoffnungen äußerte auch das österreichische Zentralbankrats-Mitglied Robert Holzmann, warnte jedoch auch vor einer erhöhten Inflation und machte die Einschränkung, dass er den Verbraucherpreisindex nicht unter der Zwei-Prozent-Marke sieht (5).

Coronabedingter Individualverkehr teilweise Auslöser der Inflationsblase

Ein weiterer Grund, der für die temporärer überdurchschnittlich hohe Inflationsrate in Deutschland ausschlaggebend war, war der Individualverkehr. Die Befürchtung vor Infektionen führte zu einem deutlichen Rückgang des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Der Rhein-Main Verkehrsverbund (RMV) beispielsweise meldete für Dezember 2020 eine Auslastung von nur noch 46 Prozent, im Januar 2021 sogar nur noch 41 Prozent. Der Verlust lag bei rund 1,36 Millionen Euro im Jahr 2020 (6).

Große Teile der Bevölkerung wichen aus Angst vor einer Ansteckung auf das eigene Auto oder Fahrrad aus. Zum einen wurden dadurch die Benzin- und Dieselpreise in die Höhe getrieben, zum anderen ist der Markt für E-Bikes leergefegt. Die lange anhaltende Nutzung der Home-Offices bedeutete im Frühjahr, Herbst und Winter eine höhere Heizungsnutzung, was wiederum zu erhöhter Nachfrage nach Öl und Gas und damit zu einem Anstieg der Energiepreise führte.

Lieferengpässe führen zu weitreichender Verknappung an Rohstoffen

Zuerst war es ein chinesischer Hafen, in dem Schiffe endlos lange auf Reede lagen, dann war es ein blockierter Suezkanal, der dazu führte, dass dem produzierenden Gewerbe die Rohstoffe ausgingen und immer noch nicht in gewohnter Menge verfügbar sind. Die Problematik der Verknappung liegt bekanntermaßen darin, dass es zu einem Anstieg der Preise für die noch verfügbaren Waren kommt. Der Preis für Europaletten, wie sie unter anderem für den Messebau verwendet werden, stieg von fünf Euro im Jahr 2019 auf über 50 Euro im Jahr 2021.

Fertighaushersteller kaufen sich Stand Herbst und Winter 2021 mit Beträgen zwischen 30.000 Euro und 50.000 Euro aus geschlossenen Verträgen mit Festpreisen heraus, da die Erstellung der Immobilien einen höheren Verlust bedeuten würde. Familien verkaufen wieder erworbenes Bauland, weil die Gestehungskosten für die eigene Immobilie nicht mehr tragbar erscheinen (7).

Das Argument, wer beim Autokauf als Barzahler auftritt, hat gute Chancen auf einen Preisnachlass, ist im Jahr 2021 reine Makulatur. Wer einen Neuwagen erwerben möchte, muss mit Wartezeiten von bis zu zwölf Monaten rechnen. Fehlende Rohstoffe für die Steuerungseinheiten führen zu massiven Produktionsausfällen. Händler müssen kein Entgegenkommen mehr zeigen, der Automarkt ist ein Verkäufermarkt geworden. Die Folge der Lieferengpässe bei Neuwagen ist, dass die Gebrauchtwagenpreise utopische Höhen erreicht haben (8).

Rückläufige Inflation im Jahr 2022 realistisch

Alle die aufgeführten Faktoren, Lieferengpässe, steigende Energiepreise, werden hinsichtlich ihrer Dauer seitens der Europäischen Zentralbank als zeitlich begrenzt eingestuft. Eine rückläufige Entwicklung der Verbraucherpreise im Jahr 2022 gilt als durchaus realistische Einschätzung, trotz steigender EEG-Umlage in Deutschland. Allerdings wird die Marke von zwei Prozent vermutlich nicht nach unten durchbrochen.

Weiterführende Links

(1) Inflation erreicht in den USA Spitzenwert – Handelsblatt, 11. Dezember 2021

(2) Inflation in Deutschland über fünf Prozent – Destatis, 10. Dezember 2021

(3) Verbraucherpreisindex November 2020 – Destatis, 10. Dezember 2020

(4) Inflation 2022 auf dem Rückzug – ORF, 8. Dezember 2021

(5) EZB-Ratsmitglied warnt vor Inflationsrisiken – Handelsblatt, 7. Dezember 2021

(6) ÖPNV mit Verlusten – Beispiel RMV – Geschäftsbericht traffiQ 2020

(7) Gestehungskosten für Immobilien laufen aus dem Ruder – rbb24, 29. Juni 2021

(8) Gebrauchtwagenpreise zehn Prozent über Vorjahresniveau – ADAC, 9. Dezember 2021


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